2.4.2 Klonierung von Eukaryontengenen in Bakterien

Aus Biostudies
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Bei der Klonierung von Eukaryontengenen in Bakterien ergeben sich folgende Probleme:

  • Die meisten Eukaryontengene haben Introns. Diese würden von den Bakterien mit transkribiert und übersetzt werden, wodurch „unsinnige“ Proteine entstehen würden.
  • Die DNA-Information für die Ribosomenbindestelle ist bei Eukaryonten nur einmal vorhanden und besteht auf der DNA nur aus einem Nukletoid. An das entsprechende mRNA-Nukleotid wird während der Transkription 7mG angehängt (Cap). Bakterielle Operons erkennen jedoch diese Caps nicht.

Bakterien können kloniert werden, indem in ein funktionsfähiges Vektorplasmid ein Eukaryontengen eingebaut wird. Dabei besitzt das Plasmid

  • ein Gen für Antibiotikaresistenz,
  • einen ori und
  • ein lac-Operon mit Promotor, Operator, Information für Ribosomenbindestelle, das lac z-Gen (das mit Hilfe eines Restriktionsenzyms für blunt ends gespalten und in das Eukaryontengen eingebaut wird) und einen Terminator.

Die Wirtszellen (i. d. R. E. coli) dürfen keine funktionsfähige Galactosidase bilden. Da der eingebaute Expressionsvektor sowohl einen (starken) bakteriellen Promotor als auch eine Information für eine bakterielle Ribosomenbindestelle hat, können die E. coli-Zellen, die den rekombinanten Expressionsvektor aufnehmen, das enthaltene cDNA-Gen (in viele Moleküle des gewünschten Proteins) übersetzen. Der Nachweis rekombinanter Kolonien erfolgt dann auf Agar, der

  • ein Antibiotikum (je nach Resistenzgen des Plasmids),
  • X-Gal und
  • IPTG (ist nötig, um den in den Wirtszellen vorhandenen lac-Repressor vom Operator des Expressionsvektors zu entfernen)

enthält. Sofern die Galactosidase noch funktioniert, werden blaue Kolonien gebildet. Wenn sie nicht funktioniert, weil das lac z-Gen durch den Einbau der fremden DNA zerstört wurde, erhält man beige Kolonien (rekombinante E. coli). Weitere Tests auf das Vorhandensein des gewünschten Gens erfolgen z. B. durch

  • Hybridisierung mit einer Gensonde,
  • Amplifizierung des gewünschten Gens mit PCR oder
  • Nachweis des gesuchten Proteins mit spezifischem Antikörper.

Vektorplasmid nach Einbau der Fremd-DNA:

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mRNA nach Transkription:

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Die rekombinanten Zellen bilden ein Fusionsprotein aus dem Anfangsteil der Galactosidase und der Aminosäureabfolge, die von dem eingebauten Fragment codiert wird:

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Aus diesem Fusionsprotein muß das gewünschte Protein erst mit Bromcyan abgespalten werden. Bromcyan spaltet vor Methionin, bevorzugt vor dem ehemaligen Startmethionin, so daß evtl. eine Trennung der erhaltenen Proteine nach Größe möglich ist.

Die Gene mancher Eukaryontenproteine enthalten kurze Basenabfolgen für einen hydrophoben Aminosäureschwanz, mit dem diese Proteine (durch die Zellmembran) ausgeschleust werden können. Auch E. coli kann die gebildeten Proteine ausschleusen. Zwischen Cytoplasmamembran und Murein befindet sich aber der periplasmatische Raum mit zahlreichen Protease. Längere Proteine werden von diesen Proteasen jedoch kaum angegriffen.

Weiterhin ist zu beachten, daß sich nach der IPTG-Zugabe die Zellen sehr stark vermehren. Dabei entstehen auch weniger leistungsfähige Mutanten, die kein oder nur wenig Fusionsprotein bilden. Diese können sich dann aufgrund des geringeren Energieaufwands stärker vermehren. Deshalb läßt man die Zellen sich erst ohne IPTG vermehren (der Repressor sitzt auf dem Operator des Vektors). Zunächst wird kein Fusionsprotein gebildet. IPTG wird erst nach starker Vermehrung aller Zellen zugegeben.

Eine weitere Methode zur Herstellung intronfreier Eukaryonten-DNA ist die Gensynthese-Methode. Dabei handelt es sich um eine Synthese nach den jeweiligen Erfordernissen (z. B. einschließlich Promotor und Information für bakterielle Ribosomenbindestelle):

Die Tatsache, daß man Gene chemisch synthetisieren kann, ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der modernen Biotechnologie. Mit dieser Methode kann man nicht nur komplette Gene herstellen und damit die Klonierung vereinfachen, sondern sie eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, das Genprodukt mehr oder weniger stark zu verändern.
Der grundlegenede Vorgang bei der Gensynthese ist die wiederholte Ausbildung einer Esterbindung zwischen der aktivierten Phosphorsäuregruppe am 3'-Ende eines Nukletoids und der Hydroxylgruppe eines wetieren Nukleosids oder Nukleotids am 5'-Ende. Auf diese Weise entsteht die für Nukleinsäuren charakteristische Phosphodiesterbindung. Dabei gibt es v. a. ein Problem: Desoxyribonukleotide sind sehr reaktionsfreudig Moleküle. Sie besitzen eine primäre und sekundäre Hydroxylgruppe so wie eine Phosphatgruppe. Infolge dessen muß man bei der Gensynthese chemische Gruppen gezielt blockieren und wieder freisetzen. Dabei darf jedoch das Rückgrat mit den Phosphodiesterbindungen nicht aufgebrochen oder verändert werden und auch die Furanoseringe[1], die Bindungen zwischen Zucker und Purin bzw. Pyrimidin, sowie die Basen selbst müssen unversehrt bleiben.

Auf diese Weise lassen sich drei oder vier Nukleotide miteinander verknüpfen. Zu längeren Oligonukleotiden gelangt man, wenn man das 3'-Ende der Kette an eine feste Trägersubstanz bindet. Durch diese Immobilisierung werden die nachfolgenden Schritte vereinfacht. Insbesondere lassen sich die zeitaufwendigen Reinigungsschritte nach jedem Kondensationsschritt erheblich verkürzen. Mononukleotide, deren chemische Gruppen in geeigneter Weise blockiert sind, werden in der richtigen Reihenfolge zugegeben und Reagenzien, Ausgangsmaterialien sowie Nebenprodukte nach jedem Schritt durch Filtration wieder entfertn. Nach Beendigung der Synthese spaltet man das Desoxyoligonukleotid auf chemischem Weg von den blockierenden Gruppen, löst es durch Hydrolyse von dem Träger und reinigt es durch Elektrophorese oder Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC). Wenn man das Polymer, an dem das Desoxyribonukleotid befestigt ist, in einer Säule immobilisiert, dann lassen sich die Filtrationsschritte durch einen einfachen Waschvorgang ersetzen. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, die Synthese zu automatisieren. Ein automatisches Gensynthesegerät besteht aus Behältern für die einzelnen Reagenzien, die über mikroprozessorgesteuerte Ventile dem immobilisierten und zudem chemisch geschützten Oligonukleotid in der richtigen Reihenfolge zugefügt und wieder von ihm entfernt werden.

Bakterien betreiben posttranslationale Proteinmodifikationen zur Umwandlung eines Proteins in die biologisch aktive Form:

  • Der hydrophobe Aminosäureschwanz an Humanproteinen, die durch die Zellmembran ausgeschleust werden, muß nachträglich abgespalten werden (z. B. Umwandlung von Präproinsulin[2] in Proinsulin[3]). Die hydrophoben Aminosäuren sind mit auf einem Eukaryontengen codiert.
  • Von vielen Humanproteinen muß zur Umwandlung in die aktivie Form ein Proteinstück abgespalten werden (z. B. wird Proinsulin durch Abspaltung zu Insulin und Pepsinogen durch Abspaltung zu Pepsin). Beispielsweise codiert das menschliche Gen das Präproinsulin. E. coli kann daraus nicht biologisch aktives Insulin bilden (Aktivierung müßte nachträglich chemisch oder enzymatisch geschehen). Daher werden die Basenabfolgen für die A- und die B-Kette von Insulin getrennt synthetisiert und getrennt in zwei verschiedenen E. coli-Stämmen kloniert. Eine E. coli-Sorte produziert dann die A-, die andere die B-Ketten. Nach Reinigung werden die Ketten zusammengegeben und bilden die entsprechenden Disulfidbrücken zwischen sich aus.

[1]: Zuckerringe

[2]: Vorstufe des Proinsulins

[3]: inaktive Vorstufe des Insulins